Ist die Datenanalyse das neue Tante-Emma-Prinzip?

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Big Data bei Vorwerk

Egal ob auf dem Smartphone oder im Smart Home: digitale Services erleichtern vielfach unseren Alltag. Dabei werden die Dienstleistungen häufig mithilfe von Kundendaten weiter verbessert – so auch der Thermomix® inklusive des Rezept-Portals Cookidoo®. Marcel Hellmann, Senior Data Scientist bei Vorwerk, gibt Einblicke in die Analyse von Kundendaten und erklärt, was diese mit dem guten alten Tante-Emma-Laden gemeinsam hat. 

Amazon kennt unseren Kleidungsstil, Facebook unser persönliches Umfeld und Google liefern wir unser Bewegungsprofil. Herr Hellmann, in welchen Fällen sind Sie bereit, Daten von sich preiszugeben?

Wenn mir ein Service oder eine Dienstleistung angeboten wird, die mir weiterhilft, dann bin ich auch bereit, dafür notwendige Daten von mir preiszugeben. Das kann bedeuten, dass ich zum Beispiel Zeit spare oder die Kommunikation mit meiner Familie erleichtert wird, wie bei WhatsApp. Voraussetzung muss natürlich sein, dass meine Daten ausschließlich für den angegebenen Zweck verwendet werden. Da entscheide ich mich zum Beispiel bei den amerikanischen Anbietern schon sehr bewusst für oder gegen die Nutzung. Eine Furcht um die Sicherheit meiner Daten verspüre ich aber selten.

Als Data Scientist sind Sie ja auch selbst auf die Daten von Kunden angewiesen. Ist die Datenanalyse bei Vorwerk mit den genannten Beispielen vergleichbar?

Ich denke, ein gewichtiger Unterschied ist, dass das Geschäftsmodell von Facebook und Google hauptsächlich auf der Verwertung von Nutzerdaten basiert, also zum Beispiel auf dem Verkauf von zielgerichteter Werbung. Das ist bei uns definitiv nicht der Fall. Den Thermomix® kann man durchaus nutzen, ohne seine Rezept-Vorlieben preiszugeben.

Mit dem Thermomix® Rezept-Portal Cookidoo® bieten wir einen digitalen Service an, in dem Rezept-Empfehlungen an die Vorlieben und an das Kochverhalten unserer Kunden angepasst werden können. Diese Art der Personalisierung funktioniert nur mit entsprechenden Informationen, die uns Kunden zur Verfügung stellen. Diese Daten helfen uns also, das Angebot auf Cookidoo® und auch den Thermomix® selbst ständig zu verbessern, was wiederum unseren Kunden zu Gute kommt.

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Daten helfen uns, unser Angebot ständig zu verbessern.
Wie sehen diese Verbesserungen denn aus?

Zum einen sollen Rezept-Empfehlungen auf Datenbasis bei der Orientierung in Cookidoo® helfen. Wir haben mittlerweile einen Pool aus über 8.000 Rezepten allein im deutschsprachigen Bereich, sodass eine Personalisierung die Suche nach geeigneten Gerichten deutlich erleichtert und beschleunigt. Zum anderen helfen die erfassten Daten aus dem Thermomix®, Probleme schneller zu analysieren und gegebenenfalls zu beheben. Sehen wir zum Beispiel, dass eine bestimmte Region von einer Störung betroffen ist, können wir abgleichen, ob es sich weniger um ein Problem mit den Geräten als vielmehr um eine Netzstörung handelt. Solche Informationen können dem Kundendienst helfen, auf vermehrte Fehlermeldungen von Kunden effektiv zu reagieren.

Für den Thermomix® TM6 haben wir darüber hinaus den Anspruch, die Funktionen des Gerätes stetig zu erweitern – auch mithilfe von Big Data.

Was ist eigentlich Big Data?

Der Begriff Big Data bezeichnet in erster Linie Datenmengen, die zu groß oder zu komplex sind, um sie mit herkömmlichen, also manuellen Methoden der Datenverarbeitung auszuwerten. Stattdessen versuchen Data Scientists Antworten auf analytische Fragestellungen aus großen Datenmengen zu gewinnen – und zwar sowohl mit Hilfe klassischer Statsistik als auch mit Methoden aus den Bereichen Machine Learning und Operations Research. 

Die gewinnbringende Analyse großer Datenmengen zur Entscheidungsfindung ist natürlich nicht neu. Unternehmen, Marktforschungsverbände oder auch andere Institutionen erfassen seit jeher Daten für diese Zwecke. Neu ist allerdings, dass Vorhersagen nicht mehr nur anhand von Stichproben getroffen werden müssen. Stattdessen können dank des technischen Fortschritts schlichtweg alle vorhandenen Daten ausgewertet werden. 

Können Sie hierfür ein konkretes Beispiel nennen?

Wir haben beim TM6 vieles in die Software ausgelagert, was uns die Möglichkeit bietet, neue Funktionen als Updates aufzuspielen. So erlauben uns die neu eingeführten “Modes” zum Beispiel, eine Abfolge von Aktivitäten zusammenzufassen und wie ein kleines Programm ablaufen zu lassen. In den Daten können wir nun nach wiederkehrenden Mustern suchen, die sich anbieten, um neue Modes daraus zu kreieren. Dies erleichtert dem Kunden die Benutzung des Gerätes – zum Beispiel, indem die Schritte „Hacken“ und „Dünsten“ in einen Mode zusammengeführt werden.

Im letzten Jahr hat die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Bewusstsein für den Umgang mit Daten noch einmal geschärft. Wie werden die Daten der Kunden bei Vorwerk geschützt?

Zu allererst beschränken wir die Bewegung und das Speichern von personenbezogenen Daten auf ein Minimum. Wir speichern diese Daten – dazu gehören z.B. auch die Seriennummern von Thermomix® Geräten – getrennt von jenen Daten, die das Kochverhalten abbilden. Wir arbeiten in der Regel also mit anonymisierten Daten und können bei unseren Auswertungen keine Rückschlüsse auf einzelne Nutzer oder Haushalte ziehen. Für fast alle Auswertungen wollen wir das auch gar nicht. Wir konzentrieren uns auf Fragen wie: Gibt es regionale Unterschiede bei der Zubereitung bestimmter Gerichte? Wird ein bestimmtes Rezept immer nur mittags zubereitet? Auf Basis solcher Informationen können wir unser Angebot in Cookidoo® stetig optimieren.

Und um noch kurz auf das Thema DSGVO zu sprechen zu kommen: Bei der Ersteinrichtung des Thermomix® wird der Nutzer ausdrücklich nach seinem Einverständnis zur Datenweitergabe gefragt. Das Einverständnis kann auch nachträglich jederzeit widerrufen bzw. erteilt werden.

Was ist Ihr Eindruck als Datenanalyst: Sind wir heute eher bereit, Daten von uns preiszugeben als früher?

Dadurch, dass wir heute so viele digitale Dienstleistungen nutzen, denke ich schon, dass die Bereitschaft deutlich gewachsen ist. Viele Services machen das Leben ja auch wirklich leichter. Das Vertrauen in den Dienstleister spielt hier eine elementare Rolle. Wenn man früher im Tante-Emma-Laden persönliche Informationen mit den Besitzern teilte, sorgte das zwischenmenschliche Verhältnis für Vertrauen. Im Kontext Big Data und Digitalisierung fehlt dieser Aspekt oft, was viele Menschen skeptisch macht.

Bei Vorwerk hat aber gerade der direkte Austausch mit unseren Kunden eine lange Tradition, insbesondere durch den Direktvertrieb. Wir möchten darauf auch im digitalen Zeitalter aufbauen.

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Unsere Kunden sollen ein gutes Gefühl haben, wenn sie Informationen mit uns teilen.
Ist die Analyse von Daten denn das neue Tante-Emma-Prinzip? Wie Sie schon sagten: Den Kunden und seine Bedürfnisse genau zu kennen, war schon früher ein Erfolgsrezept.

Ja, die Betreiberin des typischen Tante-Emma-Ladens merkte sich auch das Einkaufsverhalten ihrer Kunden, erfragten Vorlieben und Abneigungen, damit sie maßgeschneiderte Empfehlungen geben konnte. Das sorgte idealerweise für eine höhere Kundenzufriedenheit. Als Kunde konnte man erwarten, dass die Einblicke, die man gewährte, nicht zum Nachbarschaftstratsch wurden. So erwarte ich auch heute, dass Informationen, die ich preisgebe, nicht willkürlich an Dritte weitergegeben werden oder für fremde Zwecke genutzt werden.

Bei Facebook & Co. kann man sich da leider nicht ganz so sicher sein und die Nutzung basiert meist eher auf einem Mangel an Alternativen. Bei Cookidoo® wollen wir genau das vermeiden und auf Vertrauen setzen. Für Vorwerk als traditionsreiches Familienunternehmen ist das Vertrauen der Kunden ein wertvolles Gut. Das gilt auch und insbesondere für unsere digitale Zukunft. Unsere Kunden sollen ein gutes Gefühl haben, wenn sie Informationen mit uns teilen.

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