Alltag einer Innovationsmanagerin
„Wir müssen irgendwie die Zukunft voraussagen“
Innovativ mussten Unternehmen schon immer sein, um Erfolg zu haben. Doch selten zuvor wurden neue Ideen und Produktinnovationen so sehr als Kennzeichen erfolgreicher Unternehmen gesehen wie heute. In Zeiten der Digitalisierung können und müssen Lösungen innerhalb kürzester Zeit auf den Markt gebracht werden. Dazu braucht es Menschen, die diese Prozesse managen und vorantreiben. Bei Vorwerk übernimmt unter anderen Sarah Dittmann diese Rolle. Wir haben mit der Innovationsmanagerin gesprochen und gefragt: Wieso widmet sie sich dem Thema Innovationen? Und wie lassen sich diese am besten fördern?
Frau Dittmann, was genau machen Sie als Innovationsmanagerin bei Vorwerk?
Als Innovationsmanagerin gehöre ich zum Produktmanagement im Thermomix ® -Team. Hier diene ich mit meinen unterschiedlichen Verantwortungsbereichen als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Abteilungen im Unternehmen – also zum Beispiel zwischen der Vorentwicklung bei den Elektrowerken, dem Marketing oder Vorwerk Digital – und trage Sorge dafür, dass wir mit diesen Teams Lösungen für die Zukunft entwickeln.
Wie sehen Ihre Aufgaben dabei aus?
Im Grunde beschäftigen mich zwei Dinge: Zum einen geht es darum, sich die Frage zu stellen, welche Kundenprobleme wir als Unternehmen überhaupt lösen möchten und dann entsprechende Ideen und Lösungsvorschläge einzuholen. Zum anderen müssen diese Ideen aber auch richtig priorisiert, im Unternehmen platziert und mit den Projektteams zielgerichtet gesteuert werden.
Wie sieht das bei Vorwerk in der Praxis aus? Wie treiben Sie Innovationen konkret voran?
Indem wir Ideen und Lösungsansätze, die aus den verschiedenen Bereichen kommen, in eine Perspektive setzen. Wir haben dafür ein so genanntes „Innovation Board“, in dem wir mit den betroffenen Teams und Parteien besprechen, welche Ideen gerade auf dem Tisch liegen und welchen Status die einzelnen Projekte haben. Wir prüfen, ob eventuell weitere Team-Mitglieder mit ihrem Know-how hinzugezogen werden müssen. Und natürlich stellt sich mitunter auch die Frage, ob wir ein Projekt vielleicht abbrechen müssen.
Zusätzlich gehen wir auch den Weg über Design Thinking Workshops, in denen wir versuchen, aus Kundenperspektive zu denken und dann direkt ein „Minimum Viable Product“ (wörtlich ein „minimal überlebensfähiges Produkt“, Anm. d. Red.) zu entwickeln, das mit Kunden getestet werden kann. Diese Methode ist uns sehr wichtig und etabliert sich gerade überall im Unternehmen. Wir haben Millionen begeisterte Kunden, die gewillt sind, ihr Feedback zu geben. Das ist unser Schatz, den wir nutzen möchten.
Was ist ein Minimum Viable Product?
Der Begriff Minimum Viable Product (MVP) stammt aus dem Lean Startup-Gedanken und bezeichnet ein Produkt mit den minimalen Anforderungen und Eigenschaften. Der grundlegende Gedanke bei Minimal Viable Products ist, Produkte schnell und erst einmal nur mit den nötigsten Funktionen zu erstellen, um möglichst frühzeitig das Feedback von potentiellen Kunden einzuholen. Dieses wird im Folgenden gentutzt, um das MVP zu erweitern und zu verbessern.
Wofür ein Minimum Viable Product?
Der Hauptgrund für die Nutzung eines Minimum Viable Product ist, das Risiko bei einer Produktenwicklung zu minimieren. Zum einen mindert das MVP das Risiko, die Kundenbedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Zum anderen vermeidet es im Idealfall finanzielle Verluste, weil der Kapitaleinsatz auf das beste Produkt für den Kunden gelenkt wird.
Was sind die größten Herausforderungen beim Thema Innovationen?
Es ist wichtig, dass wir Teams haben, die sich Gedanken über mögliche Innovationen machen können, einen freien Kopf für neue Ideen haben – und zwar ungebunden von der sonst laufenden Projektarbeit. Das ist bei uns sehr gut möglich. Zum Beispiel bekomme auch ich den Rücken freigehalten, um mich allein dem Innovationsprozess zu widmen.
Die größte Herausforderung ist sicherlich, die Relevanz von neuen Ideen richtig herauszuarbeiten. Und dafür ist es wichtig, nicht mehr „nur“ im Bereich Hardware, also an neue Geräte, sondern ganzheitlich zu denken. Letztlich gehört es im Bereich Innovationen auch zu unseren Aufgaben, die richtigen Trends und Technologien zu erkennen sowie zu versuchen, die Zukunft vorauszusagen. Schließlich müssen die Ideen für uns als Unternehmen zukunftsrelevant sein.
Große Unternehmen wie Vorwerk verlangen außerdem oft nach einer gewissen Ordnung, ohne die nur wenig funktionieren würde. Wie finden Sie die richtige Balance zwischen Freiraum und Strukturen?
In erster Linie gelingt uns das durch die Zusammenstellung der Teams, in denen wir ein ausgewogenes Setup an strukturierten und kreativen Leuten haben und die unterschiedlichsten Kompetenzen aus dem Digital-Bereich, aus Hardware- und Software-Entwicklung zusammenbringen.
Grundsätzlich gilt: Ohne eine gewisse Art von Ordnung können kreative Ideen auch nicht in konkrete Lösungen umgesetzt werden. Gewisse Strukturen geben Halt, um Kreativität ausleben zu können. Wir arbeiten sogar daran, neue Strukturen für Innovationen zu schaffen, die es vorher so nicht gab.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Wir haben einige Innovationsprozesse übereinandergelegt, sodass nicht nur unsere Vorentwickler die Zeit haben, an neuen Ideen zu arbeiten, sondern eben auch Fachkräfte aus anderen Kompetenzbereichen. Zusätzlich versuchen wir durch eine neue Meeting-Struktur den regelmäßigen Austausch zwischen den Bereichen zu fördern – und zwar direkt nachdem eine Idee entstanden ist anstatt erst dann, wenn sie bereits eine bestimmte Reife in der Entwicklung erreicht hat.
Das einfachste Beispiel ist aber meine Position: Die gab es bis vor einem Jahr so noch nicht und wurde extra neu geschaffen.
Wie wird man denn zur Innovationsmanagerin?
Ich habe Wirtschaftswissenschaften studiert und während meines Studiums unter anderem im Bereich Produktmanagement und in einer Marketing-Agentur sehr unterschiedliche Erfahrungen gesammelt, vor allen Dingen auch im Digital-Bereich. Nach meinem Master in International Marketing Management bin ich dann per Direkteinstieg von der Uni zu Vorwerk gekommen. Wegen meiner umfassenden Ausbildung, in der ich gelernt habe, die Dinge sehr holistisch, also ganzheitlich anzugehen, hat mein Chef gesagt: „Das passt!“
Was ist das Spannendste an Ihrem Job?
Es reizt mich unglaublich, weil ich vieles neu gestalten darf. Außerdem ist der Job sehr abwechslungsreich und es gibt eigentlich keinen fixen Tagesablauf. Manchmal tausche ich mich in Telefonkonferenzen mit dem Team aus, am nächsten Tag bin ich bei der Vorentwicklung in Wuppertal, um einen Workshop durchzuführen. Dazu kommt, dass ich mit Kollegen aus verschiedenen Ländern wie Frankreich oder Spanien zusammenarbeite. Wenn von dort eine Idee oder Initiative kommt, suche ich den persönlichen Kontakt und bin dann auch vor Ort.
Hinzu kommt, dass ich regelmäßig auf Events und Messen unterwegs bin, um einerseits zu schauen, wie andere Unternehmen das Thema Innovationen angehen, und andererseits neue Trends zu entdecken. So lernt man häufig, eine eigene Idee noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten.
Stichwort Trends: Gibt es Themen, die Sie momentan besonders beschäftigen?
Wir schauen uns natürlich ganz genau an, was sich im Bereich Smart Home tut und wie wir daraus Rückschlüsse für die Küche und speziell die Smart Kitchen ziehen können. Dabei dreht sich weiterhin viel um die Verbesserung der Konnektivität zwischen den Geräten.
Gerade hier gilt es, ganzheitlich zu denken und das „Ecosystem“ rund um den Thermomix ® und das Kochen weiter zu gestalten. Die wichtigste Entwicklung ist, sich nicht mehr nur über den Bereich Hardware zu definieren, sondern zu verstehen, dass man auf unterschiedlichsten Ebenen neue Dinge schaffen kann, indem man bereits Bestehendes integriert – ob nun auf Rezept-Ebene oder beim Einkauf der Lebensmittel